Nestwärme - federngleich umhüllt
Dein Nest birgt mich
schon seit Jahren,
umhüllt mich federngleich
mit warmer Zuneigung.
Tief darin versteckt und fest mit diesem Geflecht
aus Beziehungen verwoben
liegen die Dinge, die mein Leben ausmachen:
Zufriedenheit, Gleichmut, Vertrauen, Liebe.
Mit den Jahren ist es immer dichter geworden.
Oft lehne ich mich dort zurück.
Dann begrüße ich die Sicherheit wie ein bekanntes Geschenk.
Manchmal nur
–– in verschwindend kurzen Augenblicken,
dem Flügelschlag des Kolibris gleich –
spüre ich die räumliche Enge wie eine störende Umhüllung.
Wenn ich die Flucht versuche,
oder auch nur in Gedanken damit spiele,
begegne ich tief in mir der Angst vor der Welt draußen.
Ich bin nicht zum Nestflüchter geboren,
der Neubeginn reizt mich nicht.
Ich brauche die Sicherheit, die du mir gibst.
Aber lass mir diese Lücke im dichten Geflecht,
durch die der Ausblick auf die Welt gelingt.
Lass mich – dann und wann – einen Ausflug
wagen,
deinen schützenden Flügelschlag neben mir,
dessen Klang mich begleitet und führt.
Sonst lass unser Nest bleiben,
wie es mir vertraut geworden ist
– mit der Möglichkeit einer sicheren Landung
zum gegebenen Zeitpunkt.
Und schenke mir doch das Gefühl
der eigenen Entscheidung,
wo meine Ankunft einer Notlandung gleicht.
© Anja Ollmert