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Aufrecht gehn, den Himmel sehn

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17. Dezember

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„Das verschiebe schnell auf morgen“, dachte sich Bernd, der endlich mit einem Großteil seiner Hausaufgaben fertig war. Blieb nur noch diese blöde Weihnachtsgeschichte für den Unterricht. Mindestens 14 handelnde Personen sollten darin vorkommen und aus irgendeinem Grunde sollte sie auch noch witzig sein – wahrscheinlich hatte die Deutschlehrerin auch keinen Bock auf schmalztriefend rührselige Texte. Da ging es ihr kein Stück besser als Bernd. Oder ihr fehlte die eigene Motivation und sie suchte auf diesem Wege einen halbwegs flüssigen Text für die Weihnachtsfeier des Kollegiums. Jedenfalls sah ihr das ziemlich ähnlich. Was allerdings die Vorgabe mit den 14 Personen sollte, dazu hatte er keine Erklärung parat.

Grübelnd hing er mit den Ellbogen auf seiner Schreibtischplatte und kaute an seinem Stift. Es half nichts, sich davor zu drücken. Sie würde ihm ansehen, wenn er die Hausaufgabe nicht gemacht hatte. Bernd konnte einfach nicht lügen. Andere waren da abgewichster als er. Er erinnerte sich an einen Schulkameraden, der einen ellenlangen Text aus seinem Heft vorgetragen hatte. Nur, dass die Seiten nicht beschrieben waren, von denen er ablas. Das hatte die Lehrerin erst gemerkt, als sie am gleichen Tag die Hefte zur Kontrolle mitgenommen hatte. Pech für den Kumpel – für seine überbordende und  spontane Fantasie hatte er eine Sechs, sowie einen Betrugsvorwurf kassiert. Das würde Bernd nicht riskieren.

Doch wie sollte er diesen blöden Gaul jetzt aufzäumen? Pamperskröte und Krippe, statistische Erhebungen eines Volkes oder die Überbuchung der Hotels waren kein geeigneter Aufhänger. Aber halt! Hatte er nicht gerade das süßlich Kitschige verdrängt und durch andere Begriffe ersetzt? Sollte er den handelnden Personen einfach neue Bezeichnungen überstülpen und sie in eine modernere Szene versetzen? Das grenzte zwar an Satire, könnte aber klappen. Und lustig sollte die Geschichte doch sein, hatte sie gesagt. Er begann mit einer Liste:

Da waren der Gruftie Jupp und seine um Jahre jüngere Schnalle Maria. Die angehende Patch-workfamilie wurde ergänzt durch den Mini-Pupser Jesus. Dann kamen Typen, die in einer AGH-Maßnahme auf dem Feld ihre Pulloverschweine beaufsichtigen mussten. Drei davon sollten für die Szene ausreichen, zusätzlich zum geflügelten Endzeitwesen, das ihnen draußen auf die Pelle gerückt war. In Ergänzung der Kneipier, bei dem die Patchworkfamilie Unterschlupf fand und zwei weitere Besitzer einer überbuchten Kaschemme. Dann noch der Großmogul, der auf der Suche nach seinem Konkurrenten war, seit er von seiner Existenz erfahren hatte und Königsbashing betrieb. Und nicht zuletzt die drei Kiffer, einer davon dunkelhäutig, um politisch korrekt zu bleiben.

Seine handelnden Personen hatte er zusammen. Nun wurde es höchste Zeit, daraus eine Erzählung zu stricken.

Es war die Zeit, in der die Regierung eine Volkszählung anleierte, die völlig dem gängigen Datenschutzgesetz widersprach. Weil auch der Jupp aus einer anderen Stadt kam als die, in der er seinem Nagelgeschäft nachging, musste er sich wohl oder übel auf eine längere Tour machen. Sein Dienstesel, der sonst nur Bretter und Bohlen hinter sich herzog, würde mit dem Gepäck und einer Frau mit einem Kaspar in der Schublade zurechtkommen. Er war zwar selbst nicht aus der Erzeugerfraktion, aber sein Karma hatte ihm gesagt, dass er sich um sie kümmern sollte.

Nun waren sie also auf dem Esel unterwegs und kaum aus Nazareth raus, standen sie bereits im Stau. Das konnte ja heiter werden. Zu viele Nebenchecker, die auf Tour waren, um sich der DSVGO zu unterwerfen. Und alle wollten nach Bethlehem. Es würde Nerven kosten, sich dort eine Hütte zu buchen.

Das Cruisen auf dem Dienstesel ging der Schnalle auf die Nerven. Das Tier wackelte hin und her und ihr war schon voll krass übel. Aber irgendwann erreichten sie die Stadt und klopften an die erstbeste Kaschemme. Der Meister öffnete und blockierte die Tür direkt mit seinem breiten Rückgrad und einem unfreundlichen:

„Du kommst hier net rein!“  Auch der nächste Türsteher war nicht besser, wenn auch nicht ganz so breit. Platz im Türrahmen machte er trotzdem nicht. Irgendwann landeten sie bei einem Kneipier, der als Vorsitzender des Krampfader-Geschwaders durchgegangen wäre, aber wenigsten eine Ecke in seiner Tiefgarage frei hatte. Die würden sie sich mit seinem Rindvieh und ihrem Esel teilen müssen.

„Chill doch mal, Jupp!“ Woanders würden sie uns dissen, der hier lässt uns wenigstens rein.“ Sie gingen also hinab in das Loch, dessen Zugang über den Hinterhof schon bessere Zeiten gesehen hatte. Das mit der Anmeldung zum Zählen verschoben sie direkt auf morgen, da das Büro Feierabend hatte. Maria ließ sich müde vom Dienstesel rutschen und setzte sich auf ein paar Decken. Zum Rind hielt sie Sicherheitsabstand. Der Ochse war ihr nicht ganz koscher.

„Was ist das nur für 1 Life?“, fragte sie niemand besonderen, bekam aber eh keine Antwort, weil ihr Jupp längst weggeknackt war.

Auf der Wiese, wo die Harzter saßen und ihre Pulloverschweine bewachten, stand von jetzt auf gleich ein weißbefracktes Etwas mit Flügeln. Die Tierwächter sprangen auf und gruselten sich. Das Endzeitwesen erklärte, es habe einen Job und sie seien die Adressaten seiner Botschaft. Deshalb nichts wie auf in die Stadt, denn dort gab es ein krasses Ereignis und das wollten sie ja wohl nicht verpassen.

Inzwischen war der Windelpupser angekommen. Maria hatte ihn gepampert und saß nun ziemlich erledigt am Boden. Ihr alternder Gefährte sah auf die beiden hinunter und schüttelte nachdenklich fragend den Kopf, was wohl aus ihnen werden sollte. Immerhin war es ein Junge. Das war schon einmal erfreulich. So müsste Jupp in Zukunft keine Einhörner schnitzen. Maria sah seine Bedenken und sagte:

„Chill doch mal, Jupp, wir werden das Kind schon schaukeln!“

Das gleiche dachten wohl auch drei Kiffer, die im Namen ihrer Länder auf einem Hügeltier durch die Wüste ritten, unterwegs, um einem neuen Großmogul zu huldigen. Den suchten sie natürlich dort, wo das soziale Elend aus allen Ritzen blitzte.  Von dem Geschaukel war dem Dunkelhäutigen übel geworden oder alle drei waren einfach nur zugedröhnt vom Stoff, den sie als royalistisches Give-Away in Kisten mit sich rumtrugen. Sie erkannten, dass Herodes nicht auf ihrer Wellenlänge surfte. Deshalb machten sie sich vom Acker. Die coole Leuchtiode stand eh nicht über seiner Hütte. Deshalb war es besser, sich zu verdrücken.

Irgendwann erreichten alle die Parkgarage, schlitterten die Auffahrt hinunter und landeten in der Parkbox, die sich die Patchworkfamilie mit den Viechern teilte und plötzlich gab es ne echt endgeile Mucke von oben. Der Jupp darthvaderte vor sich hin (obwohl jeder ahnte, dass das nur special effects waren), die Hartzer waren eingetroffen und tanzten und flöteten dazu. Alles in allem eine unlügbare Squad hier in unter Tage. Und der Windelpupser, (der jetzt nicht mehr Kaspar, sondern Jesus hieß), lag in einer Plastikwanne und lächelte so lieb, dass die good vibrations deutlich rübergeschwappt kamen.

So. Punkt. Bernd atmete erleichtert auf. Das war zwar nicht annähernd eine Geschichte, wie sie seiner eigenen Sprache entstammte, aber sein Ziel war erreicht. Er hatte auf den Kopf genau 14 Personen untergebracht: Die heilige Familie, den Engel, die drei Hirten, drei Wirte, drei Sterndeuter und Herodes. Damit war die Aufgabe erfüllt und er konnte einen Haken darunter setzen.

Am nächsten Morgen in der Schule

Bevor Bernd an die Reihe kam, hatten schon ein paar andere ihren Versuch einer Weihnachtsgeschichte präsentiert. All diese Geschichten waren weder innovativ, noch besonders lustig gewesen und hatten deutliche Worte der Kritik erhalten. In Bernd wuchsen Zweifel an seinem eigenen Text. Dabei war er gestern noch ziemlich überzeugt vom Ergebnis. Jetzt aber fragte er sich, ob man diese Weihnachtserzählung überhaupt aus ihrem Umfeld und ihrer Historie reißen durfte. Er machte sich so klein es ging und hoffte, dass man ihn übersah. Doch das half nichts. Der Finger der Lehrerin wies fordernd auf ihn:

„Bernd, was ist mit dir?“              
„Ähm ja, Augenblick!“, versuchte er, Zeit zu gewinnen.    
„Hast du deine Aufgabe nicht erledigt?“ 
„Doch – schon, aber…!“

„Zier dich nicht und lies vor.“ Und ehe Bernd sich versah wagte er das Risiko und begann aus dem Gedächtnis, das weihnachtliche Geschehen zu reproduzieren, wie es die Tradition vorgab.

„In jenen Tagen erließ Kaiser Augustus den Befehl, alle Bewohner des Reiches in Steuerlisten einzutragen. Dies geschah zum ersten Mal. Da ging jeder in seine Stadt, um sich eintragen zu lassen… - Maria aber bewahrte alles, was geschehen war, in ihrem Herzen und dachte darüber nach.“ endete er. Von dem Text im Heft zwar dazwischen kein einziges Wort gefallen. Bernd rechnete mit einem Rüffel. Doch der blieb aus.

 

„Danke, Bernd. Scheinbar gibt es keine bessere Ausführung der Geschichte als die biblische!“, sagte die Lehrerin kleinlaut. Da schellte es zur Pause. 

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